Was ist Raumakustik? Schallausbreitung & Optimierung
Raumakustik bezieht sich auf die Eigenschaften eines Raumes, die bestimmen, wie sich Schallwellen ausbreiten, reflektieren, absorbieren und miteinander interagieren. Diese Eigenschaften beeinflussen, wie wir Schall und Sprache in einem Raum wahrnehmen. Die Raumakustik ist entscheidend für die Qualität des Hörerlebnisses in verschiedenen Umgebungen wie Konzertsälen, Theatern, Büros, Klassenzimmern und sogar in Wohnräumen.
Karolina Jagiello, 13. Dezember 2023
Autorin:
Dipl.-Ing.(FH) Karolina Jagiello, M. Sc.
Karolina Jagiello ist eine engagierte Akustikerin, die sich auf die Verbesserung der Akustik in den Bereichen Raumakustik, Bauakustik und Schallimmissionsschutz spezialisiert hat. Sie kombiniert technisches Wissen mit kreativen Lösungen, um Räume zu gestalten, die sowohl akustisch als auch visuell ansprechend sind. Ihr Ziel ist es, ein angenehmes und effizientes Umfeld zu schaffen, in dem sich Menschen wohlfühlen und produktiv arbeiten können. Weitere Informationen zum Werdegang von Karolina Jagiello finden Sie hier.
Inhalt:
- Definition
- Was ist der Unterschied zwischen Raumakustik und Bauakustik?
- Zielsetzungen in der Raumakustik: Was strebt man an?
- In welchen Räumen spielt die Raumakustik eine Rolle?
- Hörbeispiele
- Beurteilungsgrößen in der Raumakustik?
- Nachhallzeit
- Äquivalente Absorptionsfläche A
- Rechtlicher Hintergrund
- DIN 18041: Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen
- ASR A3.7 “Lärm”
- Raumakustische Planung
- Weiterführende Literatur
1. Definition
Die Raumakustik ist ein Teilgebiet der Akustik und befasst sich mit der Schallausbreitung in Innenräumen. Sie untersucht die Wechselwirkung von Schallwellen in einem Raum mit ihrer Ausbreitung, Reflexion, Absorption und Streuung. Das Hauptziel der Raumakustik ist die Schaffung einer akustischen Umgebung, die optimal auf die spezifischen Bedürfnisse und Funktionen des Raumes abgestimmt ist. Beispielsweise hat ein Büroraum andere akustische Anforderungen als ein Seminarraum. So wird z.B. in Kommunikationsräumen die Sprachverständlichkeit erhöht, indem u.a. die Nachhallzeit reduziert wird. In Konzertsälen oder Theatern wird dagegen eine Erhöhung der Nachhallzeit zugunsten der Klangqualität angestrebt. Durch den Einsatz akustisch wirksamer Materialien und spezieller Gestaltungskonzepte strebt die Raumakustik eine harmonische Balance zwischen Ästhetik und Funktionalität an, um das Hörerlebnis und das allgemeine Wohlbefinden der Raumnutzer zu verbessern.
2. Was ist der Unterschied zwischen Raumakustik und Bauakustik?
Die Raumakustik befasst sich mit den akustischen Eigenschaften eines Raumes. Dabei geht es ausschließlich um die Schallausbreitung innerhalb des Raumes. Dies unterscheidet sie von der Bauakustik, die sich mit der Schallübertragung zwischen verschiedenen Räumen befasst, unabhängig davon, ob diese nebeneinander, übereinander oder in einer anderen räumlichen Anordnung zueinander liegen. Der auf die Bauteile einwirkende Schall wird durch die physikalisch bedingte Schalldämmung der Bauteile wie Decke, Boden und Wände reduziert. Die Schalldämmung hängt von den bauphysikalischen Eigenschaften der Bauteile ab. Bauakustiker:innen sorgen dafür, dass unerwünschte Geräusche (z.B. Straßenlärm, Nachbarlärm oder Installationen in einem Gebäude) nicht in benachbarte Räume übertragen werden und umgekehrt. Im Gegensatz dazu untersucht die Raumakustik, wie Schallwellen in einem Raum reflektiert, absorbiert und gestreut werden. Sie befasst sich mit Fragen der Schallreflexion und ‑absorption, der Entstehung von Nachhall sowie der Schallverteilung im Raum. Raumakustiker:innen arbeiten daran, die Klangqualität und das Hörerlebnis in einem Raum zu optimieren, sei es in Konzertsälen, Aufnahmestudios, Theatern, Schulen, Kindergärten, Restaurants, Krankenhäusern oder Büros.
3. Zielsetzung in der Raumakustik: Was strebt man an?
Das Hauptziel der Raumakustik ist es, Räume zu schaffen, die nicht nur funktional sind, sondern auch Gesundheit und Wohlbefinden fördern. Dies umfasst mehrere Aspekte:
Förderung der Produktivität: In Arbeitsumgebungen wie Büros soll die Raumakustik Ablenkungen durch Hintergrundgeräusche reduzieren und eine klare Kommunikation in Seminarräumen ermöglichen, was zu einer Steigerung der Produktivität beiträgt.
Vorbeugung von Gesundheitsproblemen: Schlechte Akustik kann Stress, Konzentrationsschwierigkeiten (Extraaurale Wirkung) und sogar Hörprobleme (Aurale Wirkung) verursachen. Durch die Optimierung der Raumakustik können solche Gesundheitsrisiken minimiert werden.
Verbesserung der Verständlichkeit: In Bildungs- und Konferenzräumen, aber auch in alltäglichen Gesprächssituationen ist es wichtig, sein Gegenüber klar und deutlich zu verstehen. Raumakustische Maßnahmen zielen darauf ab, die Sprachverständlichkeit zu optimieren.
Schaffung angenehmer und einladender Räume: In öffentlichen Räumen wie Restaurants, Theatern oder Einkaufszentren trägt die Raumakustik dazu bei, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, die Besucher anzieht und zum Verweilen einlädt.
Anpassung an spezifische Nutzungsanforderungen: Jeder Raum hat seine eigenen akustischen Anforderungen. Die Raumakustik muss flexibel genug sein, um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, sei es in einem ruhigen Bibliotheksraum oder in einer lebhaften Kindertagesstätte.
Kurz gesagt, das Ziel der Raumakustik ist es, Räume zu schaffen, in denen Menschen effektiv arbeiten, lernen und interagieren können, ohne dass ihre Gesundheit oder ihr Wohlbefinden beeinträchtigt wird. Es geht darum, ein Gleichgewicht zwischen Funktionalität und Komfort zu finden, um die Lebens- und Arbeitsqualität der Menschen zu verbessern.
4. In welchen Räumen spielt die Raumakustik eine Rolle?
Die Raumakustik ist ein entscheidender Faktor in fast allen von uns genutzten Räumen, da sie einen direkten Einfluss auf unsere Wahrnehmung, unser Wohlbefinden und unsere Kommunikationsfähigkeit hat. Einige der wichtigsten Bereiche sind
Wohnräume: In unseren eigenen Wohnungen und Häusern beeinflusst die Raumakustik, wie wir Musik hören, fernsehen und uns unterhalten. Eine gute Raumakustik kann den Wohnkomfort erheblich steigern.
Büros: In Büros ist eine optimale Raumakustik entscheidend für Konzentration und Produktivität. Sie hilft, Ablenkungen durch Hintergrundgeräusche zu minimieren und sorgt für eine effektivere Kommunikation bei Besprechungen und Videokonferenzen.
Schulen und Bildungsstätten: In Klassenzimmern und Hörsälen ist es wichtig, dass die Stimme des Lehrers oder Dozenten klar und verständlich ist. Die Raumakustik spielt hier eine Schlüsselrolle, um ein effektives Lernumfeld zu schaffen.
Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen: In Gesundheitseinrichtungen kann eine gute Raumakustik zur Beruhigung der Patienten beitragen und gleichzeitig die Vertraulichkeit von Gesprächen gewährleisten.
Verkehrs- und öffentliche Räume: In Flughäfen, Bahnhöfen und anderen Verkehrsknotenpunkten verbessert eine gute Raumakustik die Verständlichkeit von Durchsagen und trägt zur allgemeinen Orientierung bei.
Konzertsäle, Theater und Veranstaltungsräume: In diesen Räumen ist die Akustik entscheidend für die Qualität der musikalischen oder theatralischen Darbietung und beeinflusst unmittelbar das Erlebnis des Publikums.
Restaurants und Cafés: In gastronomischen Einrichtungen trägt die Raumakustik zur Atmosphäre bei und beeinflusst, wie die Gäste ihren Aufenthalt erleben.
Kurzum: Raumakustik ist in jedem Raum wichtig, in dem Menschen kommunizieren, arbeiten, lernen, sich entspannen oder unterhalten. Eine gut durchdachte Raumakustik kann das Nutzungserlebnis in all diesen Umgebungen erheblich verbessern.
5. Hörbeispiele
Hier kannst du dir einen Raum anhören der eine sehr hohe Nachhallzeit hat, d. h. der Raum hört sich sehr hallig an:
Hier kannst du dir einen Raum anhören der eine mittlere Nachhallzeit hat:
Hier kannst du dir einen Raum anhören der eine sehr niedrigen Nachhallzeit hat, d. h. der Raum hört sich sehr trocken bzw. dumpf an:
6. Beurteilungsgrößen in der Raumakustik?
In der Raumakustik gibt es eine Vielzahl von Bewertungskriterien, mit denen die akustischen Eigenschaften eines Raumes beurteilt werden können. Diese Kriterien sind entscheidend, um die Qualität der Schallübertragung in verschiedenen Umgebungen wie Konzertsälen, Theatern, Büros und Bildungseinrichtungen zu verstehen und zu optimieren. Nachfolgend sind einige der wichtigsten Bewertungskriterien aufgeführt und kurz erläutert:
Nachhallzeit (RT60): Die Zeit, die benötigt wird, um den Schallpegel in einem Raum nach Abschalten der Schallquelle um 60 Dezibel abzubauen. Dies ist das am häufigsten verwendete Kriterium, da es einen grundlegenden Einblick in die akustischen Eigenschaften eines Raumes gibt.
Early Decay Time (EDT): Misst die Nachhallzeit in den ersten 10 dB des Nachhalls und konzentriert sich auf die frühe Phase der Schallabsorption.
Bassverhältnis (BR): Vergleicht die Nachhallzeiten bei tiefen Frequenzen mit denen bei mittleren Frequenzen und gibt Auskunft über die Basswiedergabe im Raum.
Deutlichkeitsgrad (D50): Ein Maß für die Sprachverständlichkeit, das angibt, welcher Anteil des Direktschalls im Verhältnis zum Gesamtschall (Direktschall plus Nachhall) innerhalb der ersten 50 Millisekunden ankommt.
Deutlichkeitsmaß (C50): Ähnlich wie D50, aber über einen Zeitraum von 50 Millisekunden berechnet, um die Verständlichkeit von Musik oder Sprache zu bewerten.
Schwerpunktzeit (TS): Der Zeitpunkt, zu dem die Hälfte der Schallenergie eines Impulses empfangen wurde.
Klarheitsmaß (C80): Bewertet die Klarheit von Musik, insbesondere in Bezug auf die Wahrnehmung von Harmonien und die Trennung von Instrumenten.
Sprachübertragungsindex (RASTI): Ein Maß für die Qualität der Sprachübertragung, das sowohl den Direktschall als auch den reflektierten Schall berücksichtigt.
Hallmaß (H): Ein Maß für die Schallintensität in einem Raum im Verhältnis zu einem Bezugsschallpegel.
Seitenschallgrad (LF): Maß für den Anteil des seitlich im Raum eintreffenden Schalls im Vergleich zum vertikal eintreffenden Schall; wichtig für das räumliche Hörempfinden.
Schalldruck: Der von Schallwellen erzeugte Druck, gemessen in Dezibel (dB).
Lautstärke (G): Ein Maß für die wahrgenommene Lautstärke eines Schallsignals in einem Raum.
Obwohl alle diese Kriterien wichtig sind, um verschiedene Aspekte der Raumakustik zu verstehen und zu bewerten, ist die Nachhallzeit das am häufigsten verwendete und bekannteste Maß, da es einen grundlegenden Einblick in die akustische Umgebung bietet und relativ einfach zu messen ist.
7. Nachhallzeit
Die Nachhallzeit ist die bekannteste Beurteilungsgröße in der Raumakustik. Die Nachhallzeit ist definiert als die Zeit (in Sekunden), in der der Schalldruck nach dem plötzlichen Abklingen einer Schallquelle auf ein Tausendstel (= ‑60dB) abfällt. Oft wird die Nachhallzeit auch als allgemeine „Halligkeit“ empfunden. Je halliger ein Raum ist, desto länger ist die Nachhallzeit; je dumpfer oder trockner ein Raum ist, desto kürzer ist die Nachhallzeit. Sie gibt an, wie hallig oder trocken ein Raum empfunden wird. Dies wirkt sich direkt auf die Sprachverständlichkeit aus. So fördern Räume mit kurzer Nachhallzeit, also “schalltrockene” Räume, die Sprachverständlichkeit erheblich.
Wallace Clement Sabine, ein Pionier der Nachhallzeitforschung, führte um 1900 an der Harvard University umfangreiche Experimente durch. Er entwickelte die Sabine-Formel, die den Zusammenhang zwischen Nachhallzeit, Raumvolumen, Schallabsorption und Schallreflexion darstellt. Die Bestimmung der Nachhallzeit kann sowohl durch Messung als auch durch Berechnung erfolgen.
Die typischen Nachhallzeiten für die verschiedenen Räume sind:
Büro: 0,5 s
Kirche: 2,5 — 3 s
Konzertsäle: 1,8 — 2,0 s
Unterricht Schule: 0,8 — 1,0 s
Für die Berechnung der Nachhallzeit stehen neben der Formel von Sabine auch Eyring, Millington/Sette, Fitzroy/Kuttruff, Arau-Puchades zur Verfügung.
Die am häufigsten verwendete Formel ist die Formel von Sabine. Sie ist sozusagen die „Grundformel“ und alle anderen Formeln sind Ergänzungen zu Sabine. Bei dieser Berechnung wird davon ausgegangen, dass die Absorptionsfläche im Raum sehr gering ist bzw. sich alle Flächen überwiegend reflektierend verhalten und somit der Schallpegel überall im Raum gleich abnimmt. Die Formel nach Eyring berücksichtigt z.B. eine diskontinuierliche Abnahme der Schallenergie.
Die Formel für die Berechnung der Nachhallzeit nach Sabine ist in der folgenden Abbildung dargestellt:
T = 0.163 * (V/A) [s]
Dabei ist V das Volumen des gesamten Raumes und A die äquivalente Absorptionsfläche.
Hinweis zur Verwendung der Formel: diese Formel sollte nur angewendet werden wenn die Absorptionsfläche im Raum gleichverteilt ist und der Absorptionsgrad der Flächen sehr niedrig ist.
8. Äquivalente Absorptionsfläche A
Die äquivalente Schallabsorptionsfläche A wird in der Sabinesche Formel zur Berechnung der Nachhallzeit T verwendet. Diese Fläche A ist eine Modellfläche, die das gesamte Absorptionsverhalten des untersuchten Raumes beschreibt. Diese Fläche ist theoretisch zu 100 % absorbierend.
Die Berechnung von A erfolgt nach folgender Formel: A = Summe(α * S)
Berechnungsbeispiel: Ein Raum hat eine Fläche S1 von 20 m² und einen Absorptionsgrad α von 0,9, eine Fläche S2 von 5 m² und einen Absorptionsgrad α von 0,3 und eine Fläche S3 von 20 m² und einen Absorptionsgrad α von 0,2.
Rechenweg:
A= 20 m² * 0,9 + 5 m² * 0,3 + 20 m² * 0,2 = 23,5 m².
Die Gesamtfläche des Raumes beträgt 45 m². Die äquivalente Absorptionsfläche in diesem Raum beträgt 23,5 m², d.h. theoretisch sind 23,5 m² zu 100 % absorbierend.
Da der Schallabsorptionsgrad α frequenzabhängig ist, wird A für jede relevante Frequenz berechnet! (im Beispiel ist die Berechnung vereinfacht dargestellt). Üblicherweise wird in der Raumakustik für den Frequenzbereich von 125 Hz bis 4000 Hz gerechnet.
9. Rechtlicher Hintergrund
In Deutschland gibt es im Baurecht keine speziellen Vorschriften zur Umsetzung der Raumakustik. Das bedeutet, dass bei der Errichtung von Wohn‑, Gewerbe- und öffentlichen Gebäuden keine gesetzlich festgelegten raumakustischen Standards eingehalten werden müssen. Anders verhält es sich im Bereich des Arbeitsschutzes (ASR A3.7 „Lärm“).
Einige der relevanten Normen sind:
a) DIN 18041 “Hörsamkeit in kleinen und mittelgroßen Räumen”: Diese Norm gibt Richtlinien für die akustische Gestaltung von Räumen, in denen Kommunikation eine wesentliche Rolle spielt. Sie bezieht sich auf Räume wie Klassenzimmer, Büros, Konferenzräume und ähnliche Umgebungen.
b) VDI-Richtlinie 2569 “Schallschutz und raumakustische Gestaltung im Büro”: Diese Richtlinie gibt Empfehlungen für die akustische Gestaltung von Büroräumen.
c) DIN EN ISO 3382–2 “Akustik — Messung von Parametern der Raumakustik — Teil 2: Nachhallzeit in gewöhnlichen Räumen”: Diese internationale Norm legt Verfahren zur Messung raumakustischer Parameter fest.
d) ASR A3.7 „Lärm“: Diese Arbeitsstättenregel konkretisiert die Anforderungen an die Raumakustik am Arbeitsplatz.
e) DIN EN 12354–6: Bauakustik — Berechnung der akustischen Eigenschaften von Gebäuden aus den Bauteileigenschaften — Teil 6: Schallabsorption in Räumen
Diese Normen sind für die Schaffung einer gesunden und effizienten Arbeitsumgebung von entscheidender Bedeutung. Sie helfen, Faktoren wie Echo, Nachhall und Lärmpegel zu kontrollieren, was nicht nur die Sprachverständlichkeit verbessert, sondern auch das Wohlbefinden und die Konzentration der Menschen in diesen Räumen fördert.
Die Einhaltung dieser Normen und Vorschriften ist besonders wichtig in Umgebungen mit hohen akustischen Anforderungen, wie Bildungseinrichtungen, Büros und Versammlungsstätten. Sie stellen sicher, dass Arbeitsräume akustisch gut gestaltet sind und tragen zu einer gesunden und effizienten Arbeitsumgebung bei.
Weitere Informationen zu den anerkannten Regeln der Technik im Bereich der Raumakustik finden Sie auf den Webseite der DEGA (Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V.): hier.
10. DIN 18041: Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen
Die DIN 18041 ist eine wichtige Norm im Bereich der Raumakustik, die spezifische Anforderungen und Empfehlungen für die raumakustische Gestaltung von kleinen bis mittelgroßen Räumen festlegt. Sie gilt in Deutschland und enthält Richtlinien für die Planung und Bewertung der Raumakustik. Die Norm gilt für Räume bis ca. 5.000 m³ und für Sportstätten bis 30.000 m³. Es werden zwei Raumgruppen unterschieden: Raumgruppe A und Raumgruppe B. Raumgruppe A sind Räume, in denen die Hörsamkeit über mittlere und große Entfernungen relevant ist. Dies sind z.B. Unterrichtsräume, Seminarräume, Konferenzräume, Musikräume etc. Hier muss die Nachhallzeit so eingestellt werden, dass der Sprecher über größere Entfernungen gut verstanden werden kann. Raumgruppe B sind Räume, in denen die Hörsamkeit über kurze Distanzen relevant ist, d.h. die Kommunikation über kurze Distanzen stattfindet. Dies sind z.B. Verkehrsräume, Kinos, Büros etc. Hier wird versucht, die Hörsamkeit durch Schallabsorption und Störschallreduktion zu verbessern, die Räume werden also gedämpft. Die Gruppe A wird in fünf Nutzungsarten unterteilt:
- Musik (A1),
- Sprache/Vortrag (A2),
- Unterricht/Kommunikation (A3),
- Sprache/Vortrag inklusiv (A3),
- Unterricht/Kommunikation inklusiv (A4)
- und Sport (A5).
Je nach Nutzungsart des zu untersuchenden Raumes wird die erforderliche Nachhallzeit Tsoll auf der Grundlage der verschiedenen Formeln A1 bis A5 berechnet. Für die Gruppe B wird eine Empfehlung für das Verhältnis der äquivalenten Schallabsorptionsfläche zum Raumvolumen gegeben. Auch hier wird nach der Art der Raumnutzung unterschieden:
- Räume ohne Aufenthaltsqualität (B1)
- Räume mit kurzer Aufenthaltsdauer (B2)
- Räume zum längeren Aufenthalt (B3)
- Räume mit Bedarf an Lärmminderung und Raumkomfort (B4)
- Räume mit besonderen Anforderungen an Lärmminderung und Raumkomfort (B5)
Die DIN 18041 gibt Empfehlungen zur Beurteilung und gibt Hinweise was bei der Umsetzung beachtete werden soll. Die Berechnung der Nachhallzeit erfolgt nach den Vorgaben der DIN ISO 12354–6.
11. ASR A3.7 “Lärm”
Diese Arbeitsstättenregel ist ein wichtiges Dokument im Arbeitsschutz. Sie legt fest, welche Beurteilungspegel eingehalten werden müssen, damit bestimmte Tätigkeiten ausgeübt werden können. Die Tätigkeiten werden nach dem Grad der Lärmbelastung und den erforderlichen Schutzmaßnahmen in drei Kategorien eingeteilt. Diese Regelung trägt wesentlich dazu bei, das Gehör der Beschäftigten zu schützen und die Lärmbelastung am Arbeitsplatz zu minimieren. Es wird unterschieden zwischen
Tätigkeitskategorie 1:
hohe Konzentration und hohe Sprachverständlichkeit, Anforderung an den Beurteilungspegel < 55 dB
Tätigkeitskategorie 2:
mittlere Konzentration und mittlere Sprachverständlichkeit, Anforderung an den Beurteilungspegel < 70 dB
Tätigkeitskategorie 3:
niedrige Konzentration und niedrige Sprachverständlichkeit, Anforderung an den Beurteilungspegel < 55 dB
Anforderungen an Büro‑, Unterrichts- und Kommunikationsräume: Neben den allgemeinen Regelungen zur Lärmbelastung enthält die ASR A3.7 auch spezifische Anforderungen an die Nachhallzeit und den Grundgeräuschpegel in verschiedenen Raumarten. Für Büro‑, Bildungs- und Kommunikationsräume werden klare Vorgaben zur akustischen Gestaltung gemacht. Diese beziehen sich auf die Kontrolle von Echo, Nachhall und allgemeine Lärmreduzierung, um eine klare Sprachverständlichkeit und eine angenehme akustische Umgebung zu schaffen.
12. Raumakustische Planung
Bei der raumakustischen Planung geht es darum, die akustischen Eigenschaften eines Raumes so zu gestalten, dass sie für den vorgesehenen Nutzungszweck optimal sind. Nachfolgend wird eine grundlegende Anleitung zur raumakustischen Planung dargestellt:
Bedarfsanalyse:
Zunächst sollte der Zweck des Raumes bestimmt werden. Ist es ein Konzertsaal, ein Klassenzimmer, ein Büro oder ein Wohnraum? Die Nutzung des Raumes bestimmt die akustischen Anforderungen. Hierfür können auch die o.g. Richtlinien herangezogen werden.
Bestandsaufnahme der aktuellen Akustik:
Die für die Raumakustik relevanten Parameter wie z.B. die Nachhallzeit können berechnet oder gemessen werden. Wenn es sich um einen bestehenden Raum handelt, wird eine Messung empfohlen.
Ziele definieren:
Auf Basis der Bedarfsanalyse und der Bestandsaufnahme sollten konkrete raumakustische Ziele definiert werden. Dies kann z.B. das Erreichen einer bestimmten Nachhallzeit oder die Verbesserung der Sprachverständlichkeit sein. Es empfiehlt sich, eine Richtlinie auszuwählen und den darin enthaltenen Empfehlungen zu folgen.
Auswahl der Materialien und Gestaltungselemente:
Wählen Sie Materialien und Gestaltungselemente, die zum Erreichen der gesetzten Ziele beitragen. Dazu gehören schallabsorbierende Materialien wie Wandpaneele, Akustikbilder, Deckensegel, Lochplatten, Holzwolleplatten, Mineralwolleplatten, Spanndecken, Akustikputze, Akustikplatten, Vorhänge, Teppiche und Bassfallen.
Simulation und Modellierung:
Mit geeigneter Akustiksoftware können die Auswirkungen verschiedener Entwurfs- und Materialentscheidungen auf die Raumakustik simuliert und mit dem Soll-Zustand verglichen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Software unterschiedlich komplex ist. So empfiehlt es sich für komplexe Räume wie Konzertsäle oder Mehrpersonenbüros eine komplexere Software (z. B. CandnaR) zu wählen bzw. hier einen Raumakustiker*in zur Planung hinzuzuziehen. Für weniger komplexe Räume gibt es zum Teil kostenlose Software (z. B. Knauf), die zur Raumplanung herangezogen werden kann. Allerdings ist auch hier ein gewisses Know-how erforderlich.
Umsetzung und Installation:
Nach der Planung erfolgt die Umsetzung der akustischen Maßnahmen. Auch hier empfiehlt es sich, einen Fachmann mit der Umsetzung zu beauftragen.
Nachkontrolle und Anpassung:
Nach der Umsetzung können auf Wunsch die akustischen Eigenschaften des Raumes gemessen werden, um sicherzustellen, dass die Ziele erreicht wurden. Gegebenenfalls können Anpassungen vorgenommen werden.
Diese Schritte bilden einen grundlegenden Rahmen für die raumakustische Planung und sollen sicherstellen, dass der Raum die akustischen Anforderungen erfüllt und den Nutzern eine angenehme Umgebung bietet.
13. Weiterführende Literatur
a) Raum-Akustik und Lärm-Minderung: Konzepte mit innovativen Schallabsorbern und ‑dämpfern (VDI-Buch)
Autor: Helmut V. Fuchs
Ausgabe: 2007
b) Raumakustik im Alltag: Hören — Planen — Verstehen
Autor: Christian Nocke
Ausgabe 2019
c) Lehrbuch der Bauphysik: Wärme — Feuchte ‑Klima — Schall — Licht — Brand
Autor: Wolfgang M. Willems
Ausgabe 2022
d) Schallschutz und Raumakustik in der Praxis: Planungsbeispiele und konstruktive Lösungen
Autor: Wolfgang Fasold und Eva Veres
Ausgabe 2003