Was ist Raum­akus­tik? Schall­aus­brei­tung & Opti­mie­rung

Raum­akus­tik bezieht sich auf die Eigen­schaf­ten eines Rau­mes, die bestim­men, wie sich Schall­wel­len aus­brei­ten, reflek­tie­ren, absor­bie­ren und mit­ein­an­der inter­agie­ren. Diese Eigen­schaf­ten beein­flus­sen, wie wir Schall und Spra­che in einem Raum wahr­neh­men. Die Raum­akus­tik ist ent­schei­dend für die Qua­li­tät des Hör­erleb­nis­ses in ver­schie­de­nen Umge­bun­gen wie Kon­zert­sä­len, Thea­tern, Büros, Klas­sen­zim­mern und sogar in Wohn­räu­men.

Karo­lina Jagiello, 13. Dezem­ber 2023

Raumakustikberatung und -Messungen

Autorin:

Dipl.-Ing.(FH) Karo­lina Jagiello, M. Sc.

Karolina Jagiello

Karo­lina Jagiello ist eine enga­gierte Akus­ti­ke­rin, die sich auf die Ver­bes­se­rung der Akus­tik in den Berei­chen Raum­akus­tik, Bau­akus­tik und Schallim­mis­si­ons­schutz spe­zia­li­siert hat. Sie kom­bi­niert tech­ni­sches Wis­sen mit krea­ti­ven Lösun­gen, um Räume zu gestal­ten, die sowohl akus­tisch als auch visu­ell anspre­chend sind. Ihr Ziel ist es, ein ange­neh­mes und effi­zi­en­tes Umfeld zu schaf­fen, in dem sich Men­schen wohl­füh­len und pro­duk­tiv arbei­ten kön­nen. Wei­tere Infor­ma­tio­nen zum Wer­de­gang von Karo­lina Jagiello fin­den Sie hier.

Inhalt:

1. Defi­ni­tion

Die Raum­akus­tik ist ein Teil­ge­biet der Akus­tik und befasst sich mit der Schall­aus­brei­tung in Innen­räu­men. Sie unter­sucht die Wech­sel­wir­kung von Schall­wel­len in einem Raum mit ihrer Aus­brei­tung, Refle­xion, Absorp­tion und Streu­ung. Das Haupt­ziel der Raum­akus­tik ist die Schaf­fung einer akus­ti­schen Umge­bung, die opti­mal auf die spe­zi­fi­schen Bedürf­nisse und Funk­tio­nen des Rau­mes abge­stimmt ist. Bei­spiels­weise hat ein Büro­raum andere akus­ti­sche Anfor­de­run­gen als ein Semi­nar­raum. So wird z.B. in Kom­mu­ni­ka­ti­ons­räu­men die Sprach­ver­ständ­lich­keit erhöht, indem u.a. die Nach­hall­zeit redu­ziert wird. In Kon­zert­sä­len oder Thea­tern wird dage­gen eine Erhö­hung der Nach­hall­zeit zuguns­ten der Klang­qua­li­tät ange­strebt. Durch den Ein­satz akus­tisch wirk­sa­mer Mate­ria­lien und spe­zi­el­ler Gestal­tungs­kon­zepte strebt die Raum­akus­tik eine har­mo­ni­sche Balance zwi­schen Ästhe­tik und Funk­tio­na­li­tät an, um das Hör­erleb­nis und das all­ge­meine Wohl­be­fin­den der Raum­nut­zer zu ver­bes­sern.

2. Was ist der Unter­schied zwi­schen Raum­akus­tik und Bau­akus­tik?

Die Raum­akus­tik befasst sich mit den akus­ti­schen Eigen­schaf­ten eines Rau­mes. Dabei geht es aus­schließ­lich um die Schall­aus­brei­tung inner­halb des Rau­mes. Dies unter­schei­det sie von der Bau­akus­tik, die sich mit der Schall­über­tra­gung zwi­schen ver­schie­de­nen Räu­men befasst, unab­hän­gig davon, ob diese neben­ein­an­der, über­ein­an­der oder in einer ande­ren räum­li­chen Anord­nung zuein­an­der lie­gen. Der auf die Bau­teile ein­wir­kende Schall wird durch die phy­si­ka­lisch bedingte Schall­däm­mung der Bau­teile wie Decke, Boden und Wände redu­ziert. Die Schall­däm­mung hängt von den bau­phy­si­ka­li­schen Eigen­schaf­ten der Bau­teile ab. Bauakustiker:innen sor­gen dafür, dass uner­wünschte Geräu­sche (z.B. Stra­ßen­lärm, Nach­bar­lärm oder Instal­la­tio­nen in einem Gebäude) nicht in benach­barte Räume über­tra­gen wer­den und umge­kehrt. Im Gegen­satz dazu unter­sucht die Raum­akus­tik, wie Schall­wel­len in einem Raum reflek­tiert, absor­biert und gestreut wer­den. Sie befasst sich mit Fra­gen der Schall­re­fle­xion und ‑absorp­tion, der Ent­ste­hung von Nach­hall sowie der Schall­ver­tei­lung im Raum. Raumakustiker:innen arbei­ten daran, die Klang­qua­li­tät und das Hör­erleb­nis in einem Raum zu opti­mie­ren, sei es in Kon­zert­sä­len, Auf­nah­me­stu­dios, Thea­tern, Schu­len, Kin­der­gär­ten, Restau­rants, Kran­ken­häu­sern oder Büros.

3. Ziel­set­zung in der Raum­akus­tik: Was strebt man an?

Das Haupt­ziel der Raum­akus­tik ist es, Räume zu schaf­fen, die nicht nur funk­tio­nal sind, son­dern auch Gesund­heit und Wohl­be­fin­den för­dern. Dies umfasst meh­rere Aspekte:

För­de­rung der Pro­duk­ti­vi­tät: In Arbeits­um­ge­bun­gen wie Büros soll die Raum­akus­tik Ablen­kun­gen durch Hin­ter­grund­ge­räu­sche redu­zie­ren und eine klare Kom­mu­ni­ka­tion in Semi­nar­räu­men ermög­li­chen, was zu einer Stei­ge­rung der Pro­duk­ti­vi­tät bei­trägt.

Vor­beu­gung von Gesund­heits­pro­ble­men: Schlechte Akus­tik kann Stress, Kon­zen­tra­ti­ons­schwie­rig­kei­ten (Extra­au­rale Wir­kung) und sogar Hör­pro­bleme (Aurale Wir­kung) ver­ur­sa­chen. Durch die Opti­mie­rung der Raum­akus­tik kön­nen sol­che Gesund­heits­ri­si­ken mini­miert wer­den.

Ver­bes­se­rung der Ver­ständ­lich­keit: In Bil­dungs- und Kon­fe­renz­räu­men, aber auch in all­täg­li­chen Gesprächs­si­tua­tio­nen ist es wich­tig, sein Gegen­über klar und deut­lich zu ver­ste­hen. Raum­akus­ti­sche Maß­nah­men zie­len dar­auf ab, die Sprach­ver­ständ­lich­keit zu opti­mie­ren.

Schaf­fung ange­neh­mer und ein­la­den­der Räume: In öffent­li­chen Räu­men wie Restau­rants, Thea­tern oder Ein­kaufs­zen­tren trägt die Raum­akus­tik dazu bei, eine ange­nehme Atmo­sphäre zu schaf­fen, die Besu­cher anzieht und zum Ver­wei­len ein­lädt.

Anpas­sung an spe­zi­fi­sche Nut­zungs­an­for­de­run­gen: Jeder Raum hat seine eige­nen akus­ti­schen Anfor­de­run­gen. Die Raum­akus­tik muss fle­xi­bel genug sein, um den unter­schied­li­chen Bedürf­nis­sen gerecht zu wer­den, sei es in einem ruhi­gen Biblio­theks­raum oder in einer leb­haf­ten Kin­der­ta­ges­stätte.

Kurz gesagt, das Ziel der Raum­akus­tik ist es, Räume zu schaf­fen, in denen Men­schen effek­tiv arbei­ten, ler­nen und inter­agie­ren kön­nen, ohne dass ihre Gesund­heit oder ihr Wohl­be­fin­den beein­träch­tigt wird. Es geht darum, ein Gleich­ge­wicht zwi­schen Funk­tio­na­li­tät und Kom­fort zu fin­den, um die Lebens- und Arbeits­qua­li­tät der Men­schen zu ver­bes­sern.

4. In wel­chen Räu­men spielt die Raum­akus­tik eine Rolle?

Die Raum­akus­tik ist ein ent­schei­den­der Fak­tor in fast allen von uns genutz­ten Räu­men, da sie einen direk­ten Ein­fluss auf unsere Wahr­neh­mung, unser Wohl­be­fin­den und unsere Kom­mu­ni­ka­ti­ons­fä­hig­keit hat. Einige der wich­tigs­ten Berei­che sind

Wohn­räume: In unse­ren eige­nen Woh­nun­gen und Häu­sern beein­flusst die Raum­akus­tik, wie wir Musik hören, fern­se­hen und uns unter­hal­ten. Eine gute Raum­akus­tik kann den Wohn­kom­fort erheb­lich stei­gern.

Büros: In Büros ist eine opti­male Raum­akus­tik ent­schei­dend für Kon­zen­tra­tion und Pro­duk­ti­vi­tät. Sie hilft, Ablen­kun­gen durch Hin­ter­grund­ge­räu­sche zu mini­mie­ren und sorgt für eine effek­ti­vere Kom­mu­ni­ka­tion bei Bespre­chun­gen und Video­kon­fe­ren­zen.

Schu­len und Bil­dungs­stät­ten: In Klas­sen­zim­mern und Hör­sä­len ist es wich­tig, dass die Stimme des Leh­rers oder Dozen­ten klar und ver­ständ­lich ist. Die Raum­akus­tik spielt hier eine Schlüs­sel­rolle, um ein effek­ti­ves Lern­um­feld zu schaf­fen.

Kran­ken­häu­ser und Gesund­heits­ein­rich­tun­gen: In Gesund­heits­ein­rich­tun­gen kann eine gute Raum­akus­tik zur Beru­hi­gung der Pati­en­ten bei­tra­gen und gleich­zei­tig die Ver­trau­lich­keit von Gesprä­chen gewähr­leis­ten.

Ver­kehrs- und öffent­li­che Räume: In Flug­hä­fen, Bahn­hö­fen und ande­ren Ver­kehrs­kno­ten­punk­ten ver­bes­sert eine gute Raum­akus­tik die Ver­ständ­lich­keit von Durch­sa­gen und trägt zur all­ge­mei­nen Ori­en­tie­rung bei.

Kon­zert­säle, Thea­ter und Ver­an­stal­tungs­räume
: In die­sen Räu­men ist die Akus­tik ent­schei­dend für die Qua­li­tät der musi­ka­li­schen oder thea­tra­li­schen Dar­bie­tung und beein­flusst unmit­tel­bar das Erleb­nis des Publi­kums.

Restau­rants und Cafés: In gas­tro­no­mi­schen Ein­rich­tun­gen trägt die Raum­akus­tik zur Atmo­sphäre bei und beein­flusst, wie die Gäste ihren Auf­ent­halt erle­ben.

Kurzum: Raum­akus­tik ist in jedem Raum wich­tig, in dem Men­schen kom­mu­ni­zie­ren, arbei­ten, ler­nen, sich ent­span­nen oder unter­hal­ten. Eine gut durch­dachte Raum­akus­tik kann das Nut­zungs­er­leb­nis in all die­sen Umge­bun­gen erheb­lich ver­bes­sern.

5. Hör­bei­spiele

Hier kannst du dir einen Raum anhö­ren der eine sehr hohe Nach­hall­zeit hat, d. h. der Raum hört sich sehr hal­lig an:

Hier kannst du dir einen Raum anhö­ren der eine mitt­lere Nach­hall­zeit hat:

Hier kannst du dir einen Raum anhö­ren der eine sehr nied­ri­gen Nach­hall­zeit hat, d. h. der Raum hört sich sehr tro­cken bzw. dumpf an:

6. Beur­tei­lungs­grö­ßen in der Raum­akus­tik?

In der Raum­akus­tik gibt es eine Viel­zahl von Bewer­tungs­kri­te­rien, mit denen die akus­ti­schen Eigen­schaf­ten eines Rau­mes beur­teilt wer­den kön­nen. Diese Kri­te­rien sind ent­schei­dend, um die Qua­li­tät der Schall­über­tra­gung in ver­schie­de­nen Umge­bun­gen wie Kon­zert­sä­len, Thea­tern, Büros und Bil­dungs­ein­rich­tun­gen zu ver­ste­hen und zu opti­mie­ren. Nach­fol­gend sind einige der wich­tigs­ten Bewer­tungs­kri­te­rien auf­ge­führt und kurz erläu­tert:

Nach­hall­zeit (RT60): Die Zeit, die benö­tigt wird, um den Schall­pe­gel in einem Raum nach Abschal­ten der Schall­quelle um 60 Dezi­bel abzu­bauen. Dies ist das am häu­figs­ten ver­wen­dete Kri­te­rium, da es einen grund­le­gen­den Ein­blick in die akus­ti­schen Eigen­schaf­ten eines Rau­mes gibt.

Early Decay Time (EDT): Misst die Nach­hall­zeit in den ers­ten 10 dB des Nach­halls und kon­zen­triert sich auf die frühe Phase der Schall­ab­sorp­tion.

Bass­ver­hält­nis (BR): Ver­gleicht die Nach­hall­zei­ten bei tie­fen Fre­quen­zen mit denen bei mitt­le­ren Fre­quen­zen und gibt Aus­kunft über die Bass­wie­der­gabe im Raum.

Deut­lich­keits­grad (D50): Ein Maß für die Sprach­ver­ständ­lich­keit, das angibt, wel­cher Anteil des Direkt­schalls im Ver­hält­nis zum Gesamt­schall (Direkt­schall plus Nach­hall) inner­halb der ers­ten 50 Mil­li­se­kun­den ankommt.

Deut­lich­keits­maß (C50): Ähn­lich wie D50, aber über einen Zeit­raum von 50 Mil­li­se­kun­den berech­net, um die Ver­ständ­lich­keit von Musik oder Spra­che zu bewer­ten.

Schwer­punkt­zeit (TS): Der Zeit­punkt, zu dem die Hälfte der Schall­ener­gie eines Impul­ses emp­fan­gen wurde.

Klar­heits­maß (C80): Bewer­tet die Klar­heit von Musik, ins­be­son­dere in Bezug auf die Wahr­neh­mung von Har­mo­nien und die Tren­nung von Instru­men­ten.

Sprach­über­tra­gungs­in­dex (RASTI): Ein Maß für die Qua­li­tät der Sprach­über­tra­gung, das sowohl den Direkt­schall als auch den reflek­tier­ten Schall berück­sich­tigt.

Hall­maß (H): Ein Maß für die Schall­in­ten­si­tät in einem Raum im Ver­hält­nis zu einem Bezugs­schall­pe­gel.

Sei­ten­schall­grad (LF): Maß für den Anteil des seit­lich im Raum ein­tref­fen­den Schalls im Ver­gleich zum ver­ti­kal ein­tref­fen­den Schall; wich­tig für das räum­li­che Hör­emp­fin­den.

Schall­druck: Der von Schall­wel­len erzeugte Druck, gemes­sen in Dezi­bel (dB).

Laut­stärke (G): Ein Maß für die wahr­ge­nom­mene Laut­stärke eines Schall­si­gnals in einem Raum.

Obwohl alle diese Kri­te­rien wich­tig sind, um ver­schie­dene Aspekte der Raum­akus­tik zu ver­ste­hen und zu bewer­ten, ist die Nach­hall­zeit das am häu­figs­ten ver­wen­dete und bekann­teste Maß, da es einen grund­le­gen­den Ein­blick in die akus­ti­sche Umge­bung bie­tet und rela­tiv ein­fach zu mes­sen ist.

7. Nach­hall­zeit

Die Nach­hall­zeit ist die bekann­teste Beur­tei­lungs­größe in der Raum­akus­tik. Die Nach­hall­zeit ist defi­niert als die Zeit (in Sekun­den), in der der Schall­druck nach dem plötz­li­chen Abklin­gen einer Schall­quelle auf ein Tau­sends­tel (= ‑60dB) abfällt. Oft wird die Nach­hall­zeit auch als all­ge­meine „Hal­lig­keit“ emp­fun­den. Je hal­li­ger ein Raum ist, desto län­ger ist die Nach­hall­zeit; je dump­fer oder trock­ner ein Raum ist, desto kür­zer ist die Nach­hall­zeit. Sie gibt an, wie hal­lig oder tro­cken ein Raum emp­fun­den wird. Dies wirkt sich direkt auf die Sprach­ver­ständ­lich­keit aus. So för­dern Räume mit kur­zer Nach­hall­zeit, also “schall­tro­ckene” Räume, die Sprach­ver­ständ­lich­keit erheb­lich.

Wal­lace Cle­ment Sabine, ein Pio­nier der Nach­hall­zeit­for­schung, führte um 1900 an der Har­vard Uni­ver­sity umfang­rei­che Expe­ri­mente durch. Er ent­wi­ckelte die Sabine-For­mel, die den Zusam­men­hang zwi­schen Nach­hall­zeit, Raum­vo­lu­men, Schall­ab­sorp­tion und Schall­re­fle­xion dar­stellt. Die Bestim­mung der Nach­hall­zeit kann sowohl durch Mes­sung als auch durch Berech­nung erfol­gen.

Die typi­schen Nach­hall­zei­ten für die ver­schie­de­nen Räume sind:

Büro: 0,5 s
Kir­che: 2,5 — 3 s
Kon­zert­säle: 1,8 — 2,0 s
Unter­richt Schule: 0,8 — 1,0 s

Für die Berech­nung der Nach­hall­zeit ste­hen neben der For­mel von Sabine auch Eyring, Millington/Sette, Fitzroy/Kuttruff, Arau-Puch­a­des zur Ver­fü­gung.

Die am häu­figs­ten ver­wen­dete For­mel ist die For­mel von Sabine. Sie ist sozu­sa­gen die „Grund­for­mel“ und alle ande­ren For­meln sind Ergän­zun­gen zu Sabine. Bei die­ser Berech­nung wird davon aus­ge­gan­gen, dass die Absorp­ti­ons­flä­che im Raum sehr gering ist bzw. sich alle Flä­chen über­wie­gend reflek­tie­rend ver­hal­ten und somit der Schall­pe­gel über­all im Raum gleich abnimmt. Die For­mel nach Eyring berück­sich­tigt z.B. eine dis­kon­ti­nu­ier­li­che Abnahme der Schall­ener­gie.

Die For­mel für die Berech­nung der Nach­hall­zeit nach Sabine ist in der fol­gen­den Abbil­dung dar­ge­stellt:

T = 0.163 * (V/A) [s]

Dabei ist V das Volu­men des gesam­ten Rau­mes und A die äqui­va­lente Absorp­ti­ons­flä­che.

Hin­weis zur Ver­wen­dung der For­mel: diese For­mel sollte nur ange­wen­det wer­den wenn die Absorp­ti­ons­flä­che im Raum gleich­ver­teilt ist und der Absorp­ti­ons­grad der Flä­chen sehr nied­rig ist.

8. Äqui­va­lente Absorp­ti­ons­flä­che A

Die äqui­va­lente Schall­ab­sorp­ti­ons­flä­che A wird in der Sabi­ne­sche For­mel zur Berech­nung der Nach­hall­zeit T ver­wen­det. Diese Flä­che A ist eine Modell­flä­che, die das gesamte Absorp­ti­ons­ver­hal­ten des unter­such­ten Rau­mes beschreibt. Diese Flä­che ist theo­re­tisch zu 100 % absor­bie­rend.

Die Berech­nung von A erfolgt nach fol­gen­der For­mel: A = Summe(α * S)

Berech­nungs­bei­spiel: Ein Raum hat eine Flä­che S1 von 20 m² und einen Absorp­ti­ons­grad α von 0,9, eine Flä­che S2 von 5 m² und einen Absorp­ti­ons­grad α von 0,3 und eine Flä­che S3 von 20 m² und einen Absorp­ti­ons­grad α von 0,2.

Rechen­weg:

A= 20 m² * 0,9 + 5 m² * 0,3 + 20 m² * 0,2 = 23,5 m².

Die Gesamt­flä­che des Rau­mes beträgt 45 m². Die äqui­va­lente Absorp­ti­ons­flä­che in die­sem Raum beträgt 23,5 m², d.h. theo­re­tisch sind 23,5 m² zu 100 % absor­bie­rend.

Da der Schall­ab­sorp­ti­ons­grad α fre­quenz­ab­hän­gig ist, wird A für jede rele­vante Fre­quenz berech­net! (im Bei­spiel ist die Berech­nung ver­ein­facht dar­ge­stellt). Übli­cher­weise wird in der Raum­akus­tik für den Fre­quenz­be­reich von 125 Hz bis 4000 Hz gerech­net.

9. Recht­li­cher Hin­ter­grund

In Deutsch­land gibt es im Bau­recht keine spe­zi­el­len Vor­schrif­ten zur Umset­zung der Raum­akus­tik. Das bedeu­tet, dass bei der Errich­tung von Wohn‑, Gewerbe- und öffent­li­chen Gebäu­den keine gesetz­lich fest­ge­leg­ten raum­akus­ti­schen Stan­dards ein­ge­hal­ten wer­den müs­sen. Anders ver­hält es sich im Bereich des Arbeits­schut­zes (ASR A3.7 „Lärm“).

Einige der rele­van­ten Nor­men sind:

a) DIN 18041 “Hör­sam­keit in klei­nen und mit­tel­gro­ßen Räu­men”: Diese Norm gibt Richt­li­nien für die akus­ti­sche Gestal­tung von Räu­men, in denen Kom­mu­ni­ka­tion eine wesent­li­che Rolle spielt. Sie bezieht sich auf Räume wie Klas­sen­zim­mer, Büros, Kon­fe­renz­räume und ähn­li­che Umge­bun­gen.

b) VDI-Richt­li­nie 2569 “Schall­schutz und raum­akus­ti­sche Gestal­tung im Büro”: Diese Richt­li­nie gibt Emp­feh­lun­gen für die akus­ti­sche Gestal­tung von Büro­räu­men.

c) DIN EN ISO 3382–2  “Akus­tik —  Mes­sung von Para­me­tern der Raum­akus­tik — Teil 2: Nach­hall­zeit in gewöhn­li­chen Räu­men”: Diese inter­na­tio­nale Norm legt Ver­fah­ren zur Mes­sung raum­akus­ti­scher Para­me­ter fest.

d) ASR A3.7 „Lärm“: Diese Arbeits­stät­ten­re­gel kon­kre­ti­siert die Anfor­de­run­gen an die Raum­akus­tik am Arbeits­platz.

e) DIN EN 12354–6: Bau­akus­tik — Berech­nung der akus­ti­schen Eigen­schaf­ten von Gebäu­den aus den Bau­teil­ei­gen­schaf­ten — Teil 6: Schall­ab­sorp­tion in Räu­men

Diese Nor­men sind für die Schaf­fung einer gesun­den und effi­zi­en­ten Arbeits­um­ge­bung von ent­schei­den­der Bedeu­tung. Sie hel­fen, Fak­to­ren wie Echo, Nach­hall und Lärm­pe­gel zu kon­trol­lie­ren, was nicht nur die Sprach­ver­ständ­lich­keit ver­bes­sert, son­dern auch das Wohl­be­fin­den und die Kon­zen­tra­tion der Men­schen in die­sen Räu­men för­dert.

Die Ein­hal­tung die­ser Nor­men und Vor­schrif­ten ist beson­ders wich­tig in Umge­bun­gen mit hohen akus­ti­schen Anfor­de­run­gen, wie Bil­dungs­ein­rich­tun­gen, Büros und Ver­samm­lungs­stät­ten. Sie stel­len sicher, dass Arbeits­räume akus­tisch gut gestal­tet sind und tra­gen zu einer gesun­den und effi­zi­en­ten Arbeits­um­ge­bung bei.

Wei­tere Infor­ma­tio­nen zu den aner­kann­ten Regeln der Tech­nik im Bereich der Raum­akus­tik fin­den Sie auf den Web­seite der DEGA (Deut­sche Gesell­schaft für Akus­tik e.V.): hier.

10. DIN 18041: Hör­sam­keit in klei­nen bis mit­tel­gro­ßen Räu­men

Die DIN 18041 ist eine wich­tige Norm im Bereich der Raum­akus­tik, die spe­zi­fi­sche Anfor­de­run­gen und Emp­feh­lun­gen für die raum­akus­ti­sche Gestal­tung von klei­nen bis mit­tel­gro­ßen Räu­men fest­legt. Sie gilt in Deutsch­land und ent­hält Richt­li­nien für die Pla­nung und Bewer­tung der Raum­akus­tik. Die Norm gilt für Räume bis ca. 5.000 m³ und für Sport­stät­ten bis 30.000 m³. Es wer­den zwei Raum­grup­pen unter­schie­den: Raum­gruppe A und Raum­gruppe B. Raum­gruppe A sind Räume, in denen die Hör­sam­keit über mitt­lere und große Ent­fer­nun­gen rele­vant ist. Dies sind z.B. Unter­richts­räume, Semi­nar­räume, Kon­fe­renz­räume, Musik­räume etc. Hier muss die Nach­hall­zeit so ein­ge­stellt wer­den, dass der Spre­cher über grö­ßere Ent­fer­nun­gen gut ver­stan­den wer­den kann. Raum­gruppe B sind Räume, in denen die Hör­sam­keit über kurze Distan­zen rele­vant ist, d.h. die Kom­mu­ni­ka­tion über kurze Distan­zen statt­fin­det. Dies sind z.B. Ver­kehrs­räume, Kinos, Büros etc. Hier wird ver­sucht, die Hör­sam­keit durch Schall­ab­sorp­tion und Stör­schall­re­duk­tion zu ver­bes­sern, die Räume wer­den also gedämpft. Die Gruppe A wird in fünf Nut­zungs­ar­ten unter­teilt:

- Musik (A1),
- Sprache/Vortrag (A2),
- Unterricht/Kommunikation (A3),
- Sprache/Vortrag inklu­siv (A3),
- Unterricht/Kommunikation inklu­siv (A4)
- und Sport (A5).

Je nach Nut­zungs­art des zu unter­su­chen­den Rau­mes wird die erfor­der­li­che Nach­hall­zeit Tsoll auf der Grund­lage der ver­schie­de­nen For­meln A1 bis A5 berech­net.  Für die Gruppe B wird eine Emp­feh­lung für das Ver­hält­nis der äqui­va­len­ten Schall­ab­sorp­ti­ons­flä­che zum Raum­vo­lu­men gege­ben. Auch hier wird nach der Art der Raum­nut­zung unter­schie­den:

- Räume ohne Auf­ent­halts­qua­li­tät (B1)
- Räume mit kur­zer Auf­ent­halts­dauer (B2)
- Räume zum län­ge­ren Auf­ent­halt (B3)
- Räume mit Bedarf an Lärm­min­de­rung und Raum­kom­fort (B4)
- Räume mit beson­de­ren Anfor­de­run­gen an Lärm­min­de­rung und Raum­kom­fort (B5) 

Die DIN 18041 gibt Emp­feh­lun­gen zur Beur­tei­lung und gibt Hin­weise was bei der Umset­zung beach­tete wer­den soll. Die Berech­nung der Nach­hall­zeit erfolgt nach den Vor­ga­ben der DIN ISO 12354–6.

11. ASR A3.7 “Lärm”

Diese Arbeits­stät­ten­re­gel ist ein wich­ti­ges Doku­ment im Arbeits­schutz. Sie legt fest, wel­che Beur­tei­lungs­pe­gel ein­ge­hal­ten wer­den müs­sen, damit bestimmte Tätig­kei­ten aus­ge­übt wer­den kön­nen. Die Tätig­kei­ten wer­den nach dem Grad der Lärm­be­las­tung und den erfor­der­li­chen Schutz­maß­nah­men in drei Kate­go­rien ein­ge­teilt. Diese Rege­lung trägt wesent­lich dazu bei, das Gehör der Beschäf­tig­ten zu schüt­zen und die Lärm­be­las­tung am Arbeits­platz zu mini­mie­ren. Es wird unter­schie­den zwi­schen

Tätig­keits­ka­te­go­rie 1:
hohe Kon­zen­tra­tion und hohe Sprach­ver­ständ­lich­keit, Anfor­de­rung an den Beur­tei­lungs­pe­gel < 55 dB
Tätig­keits­ka­te­go­rie 2:
mitt­lere Kon­zen­tra­tion und mitt­lere Sprach­ver­ständ­lich­keit, Anfor­de­rung an den Beur­tei­lungs­pe­gel < 70 dB
Tätig­keits­ka­te­go­rie 3:
nied­rige Kon­zen­tra­tion und nied­rige Sprach­ver­ständ­lich­keit, Anfor­de­rung an den Beur­tei­lungs­pe­gel < 55 dB

Anfor­de­run­gen an Büro‑, Unter­richts- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­räume: Neben den all­ge­mei­nen Rege­lun­gen zur Lärm­be­las­tung ent­hält die ASR A3.7 auch spe­zi­fi­sche Anfor­de­run­gen an die Nach­hall­zeit und den Grund­ge­räusch­pe­gel in ver­schie­de­nen Raum­ar­ten. Für Büro‑, Bil­dungs- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­räume wer­den klare Vor­ga­ben zur akus­ti­schen Gestal­tung gemacht. Diese bezie­hen sich auf die Kon­trolle von Echo, Nach­hall und all­ge­meine Lärm­re­du­zie­rung, um eine klare Sprach­ver­ständ­lich­keit und eine ange­nehme akus­ti­sche Umge­bung zu schaf­fen.

12. Raum­akus­ti­sche Pla­nung

Bei der raum­akus­ti­schen Pla­nung geht es darum, die akus­ti­schen Eigen­schaf­ten eines Rau­mes so zu gestal­ten, dass sie für den vor­ge­se­he­nen Nut­zungs­zweck opti­mal sind. Nach­fol­gend wird eine grund­le­gende Anlei­tung zur raum­akus­ti­schen Pla­nung dar­ge­stellt:

Bedarfs­ana­lyse:
Zunächst sollte der Zweck des Rau­mes bestimmt wer­den. Ist es ein Kon­zert­saal, ein Klas­sen­zim­mer, ein Büro oder ein Wohn­raum? Die Nut­zung des Rau­mes bestimmt die akus­ti­schen Anfor­de­run­gen. Hier­für kön­nen auch die o.g. Richt­li­nien her­an­ge­zo­gen wer­den.

Bestands­auf­nahme der aktu­el­len Akus­tik:
Die für die Raum­akus­tik rele­van­ten Para­me­ter wie z.B. die Nach­hall­zeit kön­nen berech­net oder gemes­sen wer­den. Wenn es sich um einen bestehen­den Raum han­delt, wird eine Mes­sung emp­foh­len.

Ziele defi­nie­ren:
Auf Basis der Bedarfs­ana­lyse und der Bestands­auf­nahme soll­ten kon­krete raum­akus­ti­sche Ziele defi­niert wer­den. Dies kann z.B. das Errei­chen einer bestimm­ten Nach­hall­zeit oder die Ver­bes­se­rung der Sprach­ver­ständ­lich­keit sein. Es emp­fiehlt sich, eine Richt­li­nie aus­zu­wäh­len und den darin ent­hal­te­nen Emp­feh­lun­gen zu fol­gen.

Aus­wahl der Mate­ria­lien und Gestal­tungs­ele­mente:
Wäh­len Sie Mate­ria­lien und Gestal­tungs­ele­mente, die zum Errei­chen der gesetz­ten Ziele bei­tra­gen. Dazu gehö­ren schall­ab­sor­bie­rende Mate­ria­lien wie Wand­pa­neele, Akus­tik­bil­der, Decken­se­gel, Loch­plat­ten, Holz­wol­le­plat­ten, Mine­ral­wol­le­plat­ten, Spann­de­cken, Akus­tik­putze, Akus­tik­plat­ten, Vor­hänge, Tep­pi­che und Bass­fal­len.

Simu­la­tion und Model­lie­rung:
Mit geeig­ne­ter Akus­tik­soft­ware kön­nen die Aus­wir­kun­gen ver­schie­de­ner Ent­wurfs- und Mate­ri­al­ent­schei­dun­gen auf die Raum­akus­tik simu­liert und mit dem Soll-Zustand ver­gli­chen wer­den. Dabei ist zu beach­ten, dass die Soft­ware unter­schied­lich kom­plex ist. So emp­fiehlt es sich für kom­plexe Räume wie Kon­zert­säle oder Mehr­per­so­nen­bü­ros eine kom­ple­xere Soft­ware (z. B. Cand­naR) zu wäh­len bzw. hier einen Raumakustiker*in zur Pla­nung hin­zu­zu­zie­hen. Für weni­ger kom­plexe Räume gibt es zum Teil kos­ten­lose Soft­ware (z. B. Knauf), die zur Raum­pla­nung her­an­ge­zo­gen wer­den kann. Aller­dings ist auch hier ein gewis­ses Know-how erfor­der­lich.

Umset­zung und Instal­la­tion:
Nach der Pla­nung erfolgt die Umset­zung der akus­ti­schen Maß­nah­men. Auch hier emp­fiehlt es sich, einen Fach­mann mit der Umset­zung zu beauf­tra­gen.

Nach­kon­trolle und Anpas­sung:
Nach der Umset­zung kön­nen auf Wunsch die akus­ti­schen Eigen­schaf­ten des Rau­mes gemes­sen wer­den, um sicher­zu­stel­len, dass die Ziele erreicht wur­den. Gege­be­nen­falls kön­nen Anpas­sun­gen vor­ge­nom­men wer­den.

Diese Schritte bil­den einen grund­le­gen­den Rah­men für die raum­akus­ti­sche Pla­nung und sol­len sicher­stel­len, dass der Raum die akus­ti­schen Anfor­de­run­gen erfüllt und den Nut­zern eine ange­nehme Umge­bung bie­tet.

13. Wei­ter­füh­rende Lite­ra­tur

Sie haben ein kon­kre­tes Pro­jekt oder eine Fra­ge­stel­lung bezüg­lich Raum­akus­tik, Bau­akus­tik oder Lärm­schutz?