Eine Einführung in die Schallmessung
Akustik ist die Wissenschaft, die sich mit der Erzeugung, Übertragung, Wahrnehmung und Wirkung von Schall beschäftigt. Sie spielt in vielen Bereichen, von der Architektur bis zur Produktentwicklung, eine zentrale Rolle. Schall ist die räumliche und zeitliche Druckänderung eines elastischen Mediums wie Luft, Wasser oder Festkörper, die sich wellenförmig ausbreitet. Um Schall zu erzeugen und wahrzunehmen, braucht man drei Dinge: eine Schallquelle, ein Medium für die Ausbreitung und einen Empfänger. Um festzustellen wie hoch der Schall ist, wird eine Schallmessung durchgeführt.
Karolina Jagiello, 11. Januar 2024
Autorin:
Dipl.-Ing.(FH) Karolina Jagiello, M. Sc.
Karolina Jagiello ist eine engagierte Akustikerin, die sich auf die Verbesserung der Akustik in den Bereichen Raumakustik, Bauakustik und Schallimmissionsschutz spezialisiert hat. Sie kombiniert technisches Wissen mit kreativen Lösungen, um Räume zu gestalten, die sowohl akustisch als auch visuell ansprechend sind. Ihr Ziel ist es, ein angenehmes und effizientes Umfeld zu schaffen, in dem sich Menschen wohlfühlen und produktiv arbeiten können. Weitere Informationen zum Werdegang von Karolina Jagiello finden Sie hier.
Inhalt:
1. Schallereignis
Bei einem Schallereignis, das lokal begrenzt und zeitlich veränderbar ist, wird ein Zustand, der sich im Gleichgewicht befindet, gestört. Bei der Schallausbreitung entspricht die Gleichgewichtsstörung einer Druckschwankung. Dabei schwingen die einzelnen Teilchen (z. B. Luftmoleküle) so um ihre Ruhelage, dass das Ausbreitungsmedium (z. B. die Umgebungsluft) verdünnt bzw. verdichtet wird und sich infolge dessen Schwingungen in Form von Wellen ausbreiten. Diese lokalen Druckschwankungen geschehen um den umgebenden Ruhedruck herum. Aus diesem Grund werden sie als Schalldruck p bzw. besser als Schallwechseldruck bezeichnet.
Die Geschwindigkeit der schwingenden Teilchen bei der Störung wird als Schallschnelle (= Schwingungsschnelle) bezeichnet. Schalldruck und Schallschnelle beschreiben das Schallfeld, welches den Raum für die Störung darstellt. Die Ausbreitung von Schall ist an Materie gebunden und kann sich in Luft (Gasen), Flüssigkeiten und festen Körpern in Form einer Welle ausbreiten.
2. Schwingungen und Wellen
Schall stellt eine mechanische Schwingung dar. Sie wird im Allgemeinen als zeitlich veränderbarer, wiederkehrender Bewegungsvorgang verstanden. Als Beispiel hierfür kann der Federpendel betrachtet werden. Der in Ruhe stehende Federpendel (= Masse) wird durch äußere Kraft- bzw. Energieeinwirkung zum Schwingen gebracht. Dabei wird die Masse aus ihrer Ruhelage ausgelenkt und pendelt hin und her. Hierbei wird ständig potentielle Energie (Masse pendelt aus der Ruhelage heraus) in kinetische Energie (Masse kehrt in die Ruhelage zurück) umgewandelt. Wirken auf das System keine Einflüsse wie Reibung, schwingt das System ununterbrochen weiter (= ungedämpftes System). Gewöhnlich wirkt jedoch Reibung auf das System ein und führt dazu, dass die mechanische Energie in Wärmeenergie umgewandelt wird und die Pendelbewegung allmählich nachlässt bis das Pendel endgültig stoppt (= gedämpftes System). Es werden unterschiedliche Arten von Schwingungen unterschieden, worauf hier jedoch nicht näher eingegangen wir.
Wichtige Bestimmungsgrößen für Schwingungen sind: Elongation, Amplitude, Schwingungsdauer, Kreisfrequenz und Phasenwinkel.
Eine Welle wird in der Physik als die Ausbreitung eines beliebigen physikalischen Zustandes bezeichnet. Im Gegensatz zur Schwingung, die die Bewegung eines einzelnen Teilchens beschreibt, stellt die Welle die Ausbreitung der Bewegung im Raum dar. Für die Schallausbreitung ist die mechanische Welle von Bedeutung. Diese Art der Übertragung ist an Materie gebunden, da ohne Teilchen keine Energie übergeben werden kann. Die Ausbreitung einer Welle kann man sich modellhaft wie ein Gitter vorstellen, in dem die einzelnen Teilchen miteinander elastisch (gekoppelt) verbunden sind. Bei einer Energiezufuhr erfolgt eine Störung, ein Teilchen beginnt zu schwingen und gibt infolge seiner Verbindung mit dem Nachbarteilchen mechanische Energie an seinen Nachbarn ab. Je nach Medium kann sich die Welle eindimensional (Ausbreitung in einer Richtung, z. B. Ausbreitungsmedium Seil), zweidimensional (Ausbreitung in alle Richtungen auf einer Oberfläche, z. B. Ausbreitungsmedium Wasseroberfläche), dreidimensional (Ausbreitung in alle Richtungen im Raum, z. B. Ausbreitungsmedium Luft) ausbreiten.
Es wird unterschieden zwischen Longitudinal- und Transversalwellen. Bei der Longitudinalwelle, auch Längswelle, Dichtewelle oder Kompressionswelle genannt, schwingen die Teilchen des Mediums in Ausbreitungsrichtung. Die Übertragung der Energie von Teilchen zu Teilchen erfolgt durch das Anstoßen eines Nachbarteilchens. Die Teilchen untereinander werden bei der Ausbreitung gegeneinander gestaucht oder gedehnt und damit ändert sich die Dichte des Mediums. In Festkörpern ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit einer Longitudinalwelle höher gegenüber der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Transversalwellen. Diese wird als Longitudinalgeschwindigkeit cL bezeichnet.
Bei der Transversalwelle erfolgt die Schwingung der Teilchen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Die Energieübertragung erfolgt durch die elastischen Verbindungen der einzelnen Teilchen miteinander, diese stoßen sich, im Gegensatz zu einer Longitudinalwelle, nicht gegenseitig an. Die Teilchen werden durch die Welle geschert. Somit ist bei dieser Wellenart die Übertragung der Energie an eine feste Gitterstruktur bzw. elastische Verbindung unter den Teilchen gebunden. Neben der Transversalwelle gibt es unter anderem die Biegewelle, Dehnwelle und Torsionswelle.
In Gasen und Flüssigkeiten treten nur Longitudinalwellen auf, da hier im Gegensatz zu festen Körpern, keine Schubspannung übertragen werden kann. In Festkörpern kann eine Längsverformung wie auch eine Schub‑, Biege- und Torsionsverformung stattfinden, sodass sowohl Longitudinalwellen als auch Transversalwellen auftreten können. Im welchem Verhältnis die Wellenarten in Festkörpern auftreten, hängt von der Entstehungsart der Welle ab.
In plattenförmigen Bauteilen sind vor allem Biegewellen von großer Bedeutung, da die Schallabstrahlung von der Struktur in die Umgebung eine Bewegung senkrecht zur Oberfläche erfordert. So eine transversale Bewegung ist bei einer Dehnwelle, aber vor allem bei einer Biegewelle, vorhanden.
3. Grundgrößen der Akustik
In der Akustik werden auf Grund der großen Bereiche der Schallwechseldrücke die Größen wie der Schallwechseldruck logarithmiert und als Schallpegel L angegeben. Dabei ist der Pegel als der 10-fache Logarithmus des Verhältnisses zweier Leistungsgrößen oder der 20-fache Logarithmus des Verhältnisses zweier Feldgrößen definiert. Von wesentlicher Bedeutung sind u. a. der Schalldruckpegel, der Schallschnellepegel, der Schallleistungspegel und der Schallintensitätspegel.
Die Schallpegel können mit einer Bewertungskurve „bewertete“ werden. Hierzu gibt es die A, B, C und D Bewertungskurven. Diese geben den Frequenzgang des Ohres für schmalbandige Geräusche vereinfacht wieder. Die Bewertungskurven dienen dazu, die Schallpegel, zur besseren Beurteilung, an den Frequenzgang des menschlichen Ohres anzupassen. Im Besonderen ist die A‑Bewertung für weniger laute Geräusche von Bedeutung (Bewertung B und C sind kaum noch gebräuchlich). Die Frequenzkurven, mit denen die Schallpegel bewertet werden sind in der Norm DIN EN 61672 dargestellt. Wird ein Schallpegel mit einer Bewertungskurve bewertet, so ist die Einheit z. B. dB(A) (in diesem Fall ist der Schallpegel A‑bewertet).
4.Welche Schallmessungen gibt es?
Die Schallmessung ist ein unverzichtbares Instrument für eine Vielzahl von Anwendungen und spielt in verschiedenen Bereichen eine entscheidende Rolle. Die Bedeutung der Schallmessung reicht von der Umweltüberwachung über die industrielle Qualitätskontrolle bis hin zur Medizin und Unterhaltungstechnik.
Zunächst muss unterschieden werden, wo die Lärmmessung stattfindet. Zum einen kann sie in Innenräumen und zum anderen im Freien durchgeführt werden. In Innenräumen gibt es keine freie Schallausbreitung. Der Schall wird an den Begrenzungsflächen absorbiert und/oder reflektiert. Dagegen haben wir im Freien eine freie Schallausbreitung, da wir in der Regel keine Begrenzungsflächen haben. In beiden Fällen haben wir also eine sehr unterschiedliche Schallausbreitung.
Außerdem hängt die Schallmessung davon ab, was ich messen will. Für jede Messung gibt es eine Norm. Normen sind notwendig, um eine normgerechte Messung durchführen zu können. Normgerechte Messungen sollen es ermöglichen, dass Messungen von verschiedenen Personen oder Geräten miteinander verglichen werden können. Deshalb ist es sehr wichtig, vor jeder Messung die entsprechende Norm zu studieren, um zu wissen, wie die jeweilige Messung funktioniert. Außerdem sind die Messgeräte für eine normgerechte Messung von großer Bedeutung. Will man eine normgerechte Messung durchführen, sind in der Regel Messgeräte der Genauigkeitsklasse 1 erforderlich. Diese gewährleisten eine sehr geringe Messabweichung.
Beispiele für verschiedene Schallmessungen:
- Raumakustische Messungen
- Bauakustische Messungen
- Messung der Schallleistung
- Messung des Schalldruckpegels
- Messung der Schallintensität
In der Umweltüberwachung sind Schallmessungen zur Beurteilung der Lärmbelastung in städtischen und industriellen Gebieten unverzichtbar. Dabei werden hier z. B. Sportveranstaltungen, Konzerte im Außenbereich, Industrieanlagen, Straßen- und Schienenverkehr untersucht. Genaue Schallmessungen ermöglichen es den Fachleuten festzustellen, ob Richt- oder Grenzwerte eingehalten werden und somit die gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm begrenzt sind.
Im Bauwesen werden raum- und bauakustische Messungen durchgeführt. Diese Messungen helfen, Räume und Gebäude akustisch zu optimieren und sicherzustellen, dass sie den akustischen Anforderungen und Normen entsprechen.
In der Industrie sind Lärmmessungen unerlässlich, um sicherzustellen, dass Produkte den geforderten akustischen Standards entsprechen. Hersteller nutzen Schallmessungen, um die akustische Qualität von Produkten wie Autos, Haushaltsgeräten und elektronischen Geräten zu überwachen und zu optimieren.
In der Medizin werden Schallmessungen zur Diagnose von Hörproblemen und zur Überwachung medizinischer Geräte eingesetzt. Die Audiometrie, eine spezialisierte Schallmessung, ermöglicht es, das Hörvermögen zu beurteilen und Hörprobleme zu erkennen. Darüber hinaus werden Schallmessungen in der Medizintechnik eingesetzt, um die Leistung von Ultraschallgeräten, Herzschrittmachern und anderen medizinischen Geräten zu überwachen und sicherzustellen.
In der Unterhaltungstechnik sind Schallmessungen entscheidend, um die Klangqualität von Musik und Ton bei Filmproduktionen zu optimieren. Toningenieure verwenden Schallmessungen, um sicherzustellen, dass Konzerte, Aufnahmen und Filmvorführungen die bestmögliche Klangqualität bieten. Dies trägt zu einem eindringlichen und beeindruckenden Hörerlebnis bei, das in der Unterhaltungsindustrie von großer Bedeutung ist.
Daher werden je nach Messung immer unterschiedliche Parameter gemessen. In der Raumakustik kann z.B. die Nachhallzeit gemessen werden, in der Bauakustik die Schalldämmung von Bauteilen. Ebenso kann man z.B. die Schallleistung und die Schallintensität einer Maschine oder einer Schallquelle messen. Bei Schallimmissionsmessungen wird in der Regel der Schalldruckpegel gemessen.
5. Messgeräte für Schallmessungen
Es gibt verschiedene Arten von Schallmessgeräten, die je nach den spezifischen Anforderungen und Anwendungen eingesetzt werden können. Nachfolgend sind einige der gebräuchlichsten Arten von Schallpegelmessern aufgeführt:
- Schalldruckpegelmesser (Schallpegelmesser): Dies sind die am häufigsten verwendeten Schallpegelmesser. Sie messen den Schalldruckpegel in Dezibel (dB) und werden zur allgemeinen Schallpegelmessung und zur Bestimmung von Lärmpegeln in der Umgebung, am Arbeitsplatz und in der Umwelt eingesetzt.
- Schallintensitätsmessgeräte: Diese Geräte messen die Schallintensität, d. h. die Leistung pro Flächeneinheit, und werden zur Identifizierung der Schallquelle und der Richtung der Schallquelle verwendet.
- Frequenzanalysatoren (Spektrumanalysatoren): Diese Geräte analysieren die spektrale Verteilung des Schalls und zeigen die Frequenzkomponenten des Schalls an. Sie sind hilfreich bei der Bestimmung der Tonhöhe und der Frequenzzusammensetzung von Schallquellen.
- Schalldruckkalibratoren: Sie dienen der Kalibrierung von Schallpegelmessern. Sie erzeugen einen bekannten Schalldruck, mit dem die Genauigkeit des Messgerätes überprüft oder eingestellt wird.
- Impulsgeräte (Schalldruck-Impulsgeräte): Sie eignen sich zur Messung kurzzeitiger Schalldruckspitzen oder impulshaltiger Geräusche und werden häufig im Arbeitsschutz und zur Einhaltung von Lärmschutzvorschriften eingesetzt.
- Körperschallmessgeräte: Sie messen Schwingungen oder Erschütterungen in Festkörpern und werden in Bereichen wie Maschinenüberwachung und Strukturanalyse eingesetzt.
- Audiometer: Diese Spezialgeräte werden in der Audiometrie eingesetzt, um das Hörvermögen von Personen zu testen und Hörprobleme zu diagnostizieren.
- Ultraschallmessgeräte: Diese Geräte senden und empfangen Ultraschallwellen und werden in der Medizin zur Bildgebung, in der Industrie zur Materialprüfung und in der Navigation eingesetzt.
Die Auswahl des geeigneten Schallpegelmessers hängt von den spezifischen Anforderungen Ihrer Anwendung ab. Es ist wichtig sicherzustellen, dass das ausgewählte Messgerät über die erforderliche Genauigkeit und die notwendigen Funktionen verfügt, um genaue Schallmessungen durchzuführen. Je nach Anwendung können auch die Anforderungen an die Kalibrierung und die Normen variieren, daher ist es ratsam, sich mit den einschlägigen Vorschriften und Normen vertraut zu machen.
6. Das Schallpegelmessgerät
Ein Schallpegelmessgerät ist ein Instrument zur Messung des Schallpegels in der Umgebung. Es dient dazu, den Schalldruckpegel in Dezibel (dB) zu quantifizieren.
Das Messgerät besteht aus einem Mikrofon, das direkt am Gerät oder über ein Kabel angeschlossen ist. Das Mikrofon kann durch eine kugelförmige Haube vor Wind geschützt werden. Die gemessenen Daten werden im Gerät gespeichert und können auf ein externes Gerät übertragen werden, wo sie mit einer geeigneten Software ausgewertet werden können. Der gemessene Schalldruckpegel kann während der Messung auf einem Display verfolgt werden. Es gibt Schallpegelmesser der Klasse 1, Klasse 2 und Klasse 3. Die Geräte der Klasse 1 haben eine Messgenauigkeit von +- 0,5 dB und sind so genannte Präzisionsschallpegelmesser, die den Schalldruckpegel genau bestimmen können.
Dabei ist eine Frequenzbewertung (A, C, Z), Zeitbewertung (schnell, langsam, Impuls, Spitze) möglich. Auf dem Display werden u. a. der Effektivwert, der Spitzenwert und der Taktmaximalwert angezeigt.
Messgeräte der Klasse 2 haben eine Messgenauigkeit von +- 1 dB und eignen sich z. B. zur Überwachung von Betriebszuständen und sind nur für gleichförmige Geräusche geeignet.
Messgeräte der Klasse 3 haben eine Messgenauigkeit von +- 1,5 dB und sind nur für Orientierungsmessungen geeignet.
7. Hersteller Messgeräte
Nachfolgend sind einige Hersteller aufgeführt, die Messgeräte für Schallmessungen vertreiben.
8. Weiterführende Literatur
a) Messtechnik der Akustik
Autor: Michael Möser
Ausgabe: 2009
b) Akustische Messtechnik
Autor: Gerhard Müller
Ausgabe 2017
c) Messung der Schallleistung
Autor: Michael Möser
Ausgabe 2018